Petrolhead gegen Watthead: die falsche Debatte!

21.04.2023

Die Zukunft des Automobils spielt sich nicht auf den Strassen, sondern an den grossen Tischen Europas ab. Am 14. Februar 2023, hat das EU-Parlament den Verbrennungsmotoren bei Pkws und leichten Nutzfahrzeugen ab 2035 den Garaus gemacht. Dies bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren mehr verkauft und nur noch rein elektrisch betriebene Neufahrzeuge angeboten werden dürfen.

Am 28. März 2023 wurde in Bruxelles, anlässlich einer Konferenz der EU-Energieminister, eine Einigung erzielt, welche in diese Richtung geht. Es ist interessant zu sehen, dass sich die 27 Minister darauf einigen konnten, eine Ausnahme für diejenigen Fahrzeige zu machen, die e-Fuels verwenden.

Während die grüne Europa-Parlamentarierin, Karima Delli, Präsidentin der Verkehrskommission des EU-Parlaments sich nach dem Entscheid vom 14. Februar 2023 freut: «Wir haben einen historischen Entscheid gefällt, der zwei feindliche Brüder, das Automobil und das Klima, vereint.», erheben sich die ersten europäischen, sehr gewichtigen Stimmen gegen diese Massnahme. Deutschland, zum Beispiel, äussert seine Zweifel am Entscheid zu 100% auf Elektrofahrzeuge zu setzen. Gleichzeitig meldet Italien Opposition gegen «diesen Wahnsinn» an. So werden die e-Kraftstoffe, die bei der Abstimmung vom 14. Februar 2023 noch ausgeschlossen worden waren, nun Teil einer Einigung, die am 28. März 2023, aufgrund einer von Deutschland geführten Kampagne, in letzter Minute getroffen wurde.

Das Automobil, das meist verbreitetste Fortbewegungsmittel in Europa, zeichnet für ein wenig mehr als 15% des totalen CO₂-Ausstosses innerhalb der europäischen Union verantwortlich. Praktisch alle sind sich einig, dass die CO₂-Emissionen, die durch den Strassenverkehr verursacht werden, reduziert werden sollen. Jedoch muss die Strategie mit der europäischen Realität einher gehen. Ohne dies riskieren die europäische Industrie und Wirtschaft, mit den anderen ausländischen Industrien, allen voran der chinesischen, nicht mehr Stand halten zu können. Vergessen wir nicht, dass die Automobilindustrie in Europa zirka 13 Millionen Arbeitsplätze umfasst, die zukünftig an eine Technologie gebunden sein werden, welche auf Bestsandteilen basiert, die hauptsächlich in China und Afrika stammen. Wäre es da nicht sinnvoll, zuerst eine Risikoanalyse zu machen? Das Ganze stimmt nachdenklich, vor allem mit Sicht auf die aktuelle, geopolitische Situation und die damit verbundenen Versorgungsengpässe mit fossilen Energien aus Russland. Würden wir mit einer Regelung, wie sie das EU-Parlament beschlossen hat, nicht wieder eine Abhängigkeit im selben Schema kreieren?

In der Schweiz stellt sich der ACS klar gegen eine solche Reglementierung. Denn Tatsache ist, dass nicht die Technologie eines Autos Quelle der CO₂-Emissionen ist, sondern vielmehr seine Herstellung und seine Energiequelle. Mit der Einigung vom 28. März 2023, aufgrund welcher e-Fuels erlaubt werden sollen, wird ein Schritt zurück gemacht. Dies hat den positiven Effekt, dass einem Teil der Bevölkerung erlaubt wird, ihre Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zu behalten und gleichzeitig ihren ökologischen Fussabdruck drastisch zu reduzieren.

Gemäss zahlreicher Studien, verbraucht man viel weniger fossile Ressourcen, wenn man sein Fahrzeug behält als wenn man einen Neuwagen erwirbt, auch wenn es ein Elektrofahrzeug ist.

Wir müssen auch aufpassen, dass wir die individuelle Mobilität nicht unnötig verteuern. Dies scheint nämlich die Richtung, welche die europäischen Politiker mit diesem Entscheid einschlagen. Tatsächlich kostet die Produktion eines Elektrofahrzeugs durchschnittlich mehr als die eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor. Die individuelle Mobilität, die Synonym für wirtschaftliche Stabilität ist, muss ein Recht bleiben, dass der grossen Masse zusteht. Sie entspricht zudem für bestimmte Regionen in der Schweiz, einem quasi lebenswichtigen Bedürfnis, da dort andere, ebenso bedürfnisgerechte und effiziente Transportmittel fehlen. Übrigens, einige europäische Länder zögern nicht, aufgrund der Verteuerung der individuellen Mobilität, welche dieser Entscheid des EU-Parlaments mit sich bringen wird, von einem möglichen, sozialen Bruch zu sprechen.

Ein Konflikt zwischen «Petrolhead» und «Watthead» - um die Terminologie, die beispielswiese in den USA Einzug gehalten hat zu verwenden – muss vermieden werden. Jede und jeder muss die Technologie frei wählen können, die den täglichen Anforderungen und ihren resp. seinen Bedürfnissen am besten entspricht und dies unter Berücksichtigung der jeweils wirtschaftlichen Möglichkeiten. Wir sollten also nicht in eine falsche Debatte einsteigen.

Seit jeher ist das Auto, unabhängig von seiner Technologie, ein Werkzeug, um Freiheit und Leidenschaft zu leben. Der ACS wird sich dafür einsetzen, dass dies weiterhin so bleibt.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Ihr Vertrauen.
Fabien Produit, Generalsekretär ACS

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