Es ist ein Detail, das auf den ersten Blick fehl am Platz wirkt und doch alles verändert. In einem Innenraum voller Displays, digitaler Bedienelemente und glatter Flächen wirkt ein klassischer Handschalthebel fast wie ein Relikt aus einer anderen Zeit.
Und tatsächlich merkt man sofort, dass diese 992-Generation des 911 nicht für ein manuelles Getriebe entwickelt wurde: Stellt man eine Wasserflasche in den Cupholder der Mittelkonsole, stösst der Arm beim Einlegen des ersten Gangs dagegen. Eine fast komische Szene – und gleichzeitig der Beweis dafür, wie „gegen den Trend“ der Handschalter heute wirkt. Genau diese kleine Dissonanz macht den Carrera T aber besonders reizvoll.

Wenn ich an andere 992 zurückdenke, ist mir der Handschalter im GT3 nie seltsam vorgekommen, da alles auf puren Fahrspass ausgelegt ist: Sound, Verbindung zur Strasse, Emotion. Da passt ein manueller Gangwechsel einfach ins Gesamtbild. Und trotzdem steckt auch die Carrera T voller Purismus. Beim Blick ins Cockpit fällt auf, dass Armaturenbrett und Türverkleidungen nicht vollständig in Leder bedekt sind, sondern weiche, etwas genarbte Kunststoffe zeigen, die an ältere 911 erinnern.
Aus dem Pressetext erfährt man, dass dünnere Scheiben und weniger Dämmmaterial Gewicht sparen sollen. Trotzdem verlangt die Carrera T keinerlei echte Kompromisse: Sie ist komfortabel, gut gefedert, nie übermässig laut – absolut alltagstauglich. Ganz anders als die ersten „T“, die sogar Türgriffe durch einfache Schlaufen ersetzten.
Technisch bleibt das Konzept jedoch unverändert: Der Basismotor – der dennoch 0–100 km/h in 4,7 Sekunden schafft und knapp 300 km/h erreicht – wird kombiniert mit Ausstattung, die das Fahrpotenzial steigert. Dazu gehören PASM-Sportfahrwerk, Sport-Chrono-Paket, Sportabgasanlage, Hinterachslenkung und natürlich der Handschalter, der für die normale Carrera nicht mehr erhältlich ist. Zusammen mit einem Feintuning und Massnahmen zur Gewichtsreduktion bringt die T über 40 kg weniger auf die Waage.
Im Heck arbeitet der bekannte 3,0-Liter-Biturbo-Boxer mit 394 PS und 450 Nm. Er macht keinen Hehl aus seiner Aufladung – Pfeifen und Zischen sind klar hörbar – bietet aber eine so lineare Leistungsentfaltung, dass man ihn für einen Sauger halten könnte. Schon in den ersten Kurven beeindruckt das satte Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich, der nie überwältigt. Auch akustisch liefert der Motor: untenrum an ältere Turbo-Boxer erinnernd, im mittleren Bereich voller und klassisch boxerartig, oben heraus fast wie ein Saugmotor.
Zwischengas-Automatik und Brabbeln wenn man das Gaspedal loslässt runden das Ganze ab – offen gefahren noch intensiver. Ein Motor, den man kennt, der hier aber ganz anders wirkt: das Schaltgetriebe unterstreicht seine Eigenschaften und Nuancen, macht es lebendiger und ausdrucksstärker und beseitigt das Gefühl einer Abflachung der Leistungsentfaltung, das manchmal beim Automatikgetriebe zu spüren ist.


Trotz der objektiv hohen Leistung wirkt die Carrera T auch bei sportlicher Fahrweise nie anstrengend. Sie bleibt typisch 992: eine 911-Generation, die – abgesehen von den Extremmodellen – keine besonderen Fahrkünste verlangt. Das heisst aber nicht, dass sie nicht begeistert. Im Gegenteil: Das Tempo steigt zwischen den Kurven schnell, und man spürt die exzellente Abstimmung sowie ein nahezu perfektes Lenkgefühl – direkt, exakt und wunderbar progressiv. Man fasst schnell Vertrauen, egal auf welcher Strasse oder welchem Belag, denn das Fahrwerk bleibt stoisch stabil und unglaublich präzise. Da mehr Grip als Leistung anliegt, lädt die Carrera T dazu ein, immer früher und beherzter aus Kurven heraus zu beschleunigen.
Ein Punkt ist jedoch erwähnenswert – wohl bedingt durch die Cabriolet-Version. Dynamisch macht das keinen Unterschied; im Gegenteil, dank der hervorragenden Windabschirmung geniesst man den Sound sogar noch stärker. Aber im Vergleich zur früheren Carrera T (991) oder zur Cayman T ertappt man sich hier öfter dabei, das volle Drehzahlband gar nicht ausnutzen zu wollen.
Man bleibt häufig zwischen 2'000 und 6'000 U/min, fährt flott, ohne jedoch jemals zu versuchen, jede verfügbare PS voll auszunutzen. Vielleicht ist die Leistung inzwischen so hoch, dass man sie nicht ständig abrufen muss. Oder vielleicht ist die 992 Generation einfach so ausgewogen, dass sie nie fordernd wirkt. Wahrscheinlich ein Mix aus beidem. Genau deshalb passt der Handschalter hier aber besser denn je.
Wer sich für die Carrera T entscheidet, tut das nicht, um die „purste 911 der Geschichte“ zu besitzen oder auf den ersten Blick erkannt zu werden – die optischen Unterschiede sind minimal. Sondern weil sie im Alltag deutlich mehr Einbindung bietet als ein normalen 911 und das Gefühl vermittelt, eine etwas speziellere 992 zu fahren.
Text Benjiamin Albertalli / Bilder zVg