Reicht Infrastrukturausbau alleine?

01.02.2019

Der Kapazitätsanspruch an unserer Verkehrsinfrastruktur wächst, sowohl auf der Strasse als auch auf der Schiene. Soeben hat das Parlament die Weichen für den Infrastrukturausbau in den nächsten 20 Jahren gestellt. Die Schweiz verfügt über eines der besten Verkehrsnetze der Welt. Wird diese Kapazitätserweiterung aber auch über 2030 hinaus ausreichen?

In der Frühlingssession 2019 hat der Ständerat der vom Bundesrat vorgeschlagenen Vorlage zum Ausbauschritt 2035 Bahninfrastruktur mit Investitionen im Umfang von CHF 11,9 Milliarden zugestimmt. Damit ist der Weg frei für die Verdichtung des Angebots im Fern- und im S-Bahn-Verkehr, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Des Weiteren werden mit diesen Investitionen Ausbauten bei Privatbahnen und Express-Verbindungen für den Güterverkehr ermöglicht. Gleichzeitig hat der Nationalrat die Verpflichtungskredite für die Beiträge ab 2019 an Massnahmen im Rahmen des Programms Agglomerationsverkehr im Umfang von CHF 1,34 Milliarden freigegeben. Mit diesem soll die Verkehrssituation in den Agglomerationen verbessert werden. Die Vorlage für die Weiterentwicklung des Nationalstrassennetzes bis 2030 im Umfang von 14,8 Milliarden CHF und die entsprechenden Verpflichtungskredite wurden im Nationalrat ebenso debattiert und gutgeheissen. Der ACS begrüsst den zur Beseitigung von Engpässen geplanten Ausbau sowohl auf der Strasse als auch auf der Schiene sehr. In den letzten 18 Jahren hat das Volumen des Privatverkehrs in der Schweiz, gemäss Vademecum von strasseschweiz, um gut 64% von 79,142 Milliarden Personenkilometern jährlich im Jahr 2000 auf rund 130 Milliarden im Jahr 2018 zugenommen. Für die kommenden 20 Jahre ist von einem weiteren Wachstum im Rahmen von rund 25% auszugehen. Eine wachsende Mobilität ist Ausdruck einer sich entwickelnden Gesellschaft und deshalb positiv zu werten. Zieht man jedoch die Tatsache in Betracht, dass die Verkehrsleistung bis 2030 und darüber hinaus in einem solch hohen Masse weiterwachsen muss, wird schnell klar, dass deren Bewältigung mit Infrastrukturausbau alleine nicht wird gehandhabt werden können. Dass unser Verkehrsnetz nicht beliebig ausgebaut werden kann, ergibt sich schon durch die Topografie unseres Landes, die den Platz beschränkt. Deshalb heisst es, alternative, kreative Lösungen zu finden, um die benötigte Verkehrsleistung zu gewährleisten. Wir müssen über den Tellerrand hinausschauen, um diese Herausforderung meistern zu können. Ein Ansatz ist die bessere Auslastung der bestehenden Infrastruktur über 24 Stunden durch Brechen der Verkehrsspitzen mit gezielten Massnahmen, wie zum Beispiel mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Homeoffice etc. Auch Car-sharing- und Car-pooling-Modelle können zu einer Entlastung beitragen. Als weitere wichtige Massnahme sehe ich hier zudem die bessere Vernetzung unserer verschiedenen Verkehrsträger. Die Mobilität der Zukunft muss effizienter und vernetzter werden. Ich denke da an einen Mobilitätsmix, bei dem verschiedene Transportmittel und Antriebsformen in optimaler Kombination zum Zug kommen. Um solche Modelle umzusetzen, müssen wir für neue Mobilitätsformen offen sein und unsere Gewohnheiten ändern.

NR Thomas Hurter
Zentralpräsident
Automobil Club der Schweiz

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