«Der Miura war ein Quantensprung des Automobilbaus nicht
nur mit seinem atemberaubenden, vom jungen, bei Bertone tätigen Stylisten Marcello Gandini erschaffenen Design, sondern
auch mit seiner innovativen Technik. Keiner (ausser Honda mit
dem 1964er F1 Rennwagen) hatte jemals einen 12-Zylinder-Mittel
motor quer hinter dem Fahrer montiert. Auch der Rest des Chassis
und der Aufhängungen hatten eine bislang selten erreichte technische Ästhetik und nicht ohne Grund hat Lamborghini mit dem
Miura bereits 1965, als nacktes Chassis an der Turiner Messe präsentiert, für sehr viel Aufsehen gesorgt.
Die Konkurrenz aus Maranello dürfte nicht begeistert gewesen
sein.
Meinen Miura «S» entdeckte ich per Zufall bei einem Restaurator für klassische Sportwagen in Urdorf, zuhinterst in seiner
Werkstatt. Das Auto war von einem Vorbesitzer sehr aufwendig
auf einen möglichen Miura-Nachfolger «Jota» umgebaut worden
und der Rückbau auf die originale Miura «S» Karosserie und Technik erwies sich alles andere als einfach und gradlinig. Der Motor
war bereits in den Siebzigerjahren auf eine modernere K-Jetronic
umgebaut worden und die vier äusserst raren Weber Dreifachvergaser aufzutreiben, war ebenfalls nicht ganz einfach. Für den
Rückbau der Karosserie auf ihren Originalzustand war ein Karossier und Lamborghini Spezialist oder besser gesagt ein Karosseriekünstler namens Salvatore Diamante (!) in Turin verantwortlich und die gesamte Technik wurde in der Schweiz restauriert und
instand gestellt. Die Karosserie wurde nach Fertigstellung 2017
sogar an der Turiner Messe für «Auto d’Epoca» ausgestellt. An
schliessend wurde mein Miura in der Schweiz fertig zusammengebaut und die erste Veteranen-MFK war dann praktisch nur noch
eine Formsache. Das Auto ist so faszinierend zu fahren, wie es aus
schaut. Mit nur 106 cm Höhe fährt es sich wie ein Rennwagen. Die
370 PS haben mit bloss 1125 kg Leergewicht leichtes Spiel und Lenkung und Bremsen zeigen ganz klar die Handschrift des damaligen Rennwagendesigners Paolo Dallara.
Ein Ferrari Zweisitzer aus der Zeit wirkt im direkten Vergleich
ziemlich antiquiert. Mit zwölf Ansaugstutzen 30 cm hinter dem
Ohr erübrigt sich ein Radio und die Sitzposition, rennwagenmässig flach, ist wider Erwarten ganz kommod.
Wirklich lange Reisen haben wir mit dem Miura noch nicht gemacht, aber Fahrten auf den Klausenpass und andere vergnügliche Ausflüge mit dem Wagen in die nähere Umgebung sind regelmässig auf unserer «To do»-Liste. Die Reaktionen der Passanten und anderer Verkehrsteilnehmer sind auch heute noch dieselben, wie sie vor 60 Jahren in Turin gewesen sein müssen. Es gibt sicher wenige Autos, welche ähnlich fesseln können, und ich habe noch nie eine negative Reaktion auf den Miura erlebt. Mittlerweile ist er «gut eingefahren» und wir werden unseren Miura auch fortan für die nächste Familiengeneration pflegen und hegen.»