2024 feierte Fiat Abarth sein 75-Jahr-Jubiläum. Quasi als Geburtstagsgeschenk an die grosse Fangemeinde rollt die Stellantis-Tochter mit dem 600e den stärksten Serien-Abarth aller Zeiten auf die Strasse.
Die Marke mit dem Skorpion im Logo wurde 1949 von Carlo Abarth, einem in Italien lebenden österreichischen Motorradpiloten und Unternehmer, gegründet. Er liess moderne Technik mit klassischem Italo-Design verschmelzen. Mit den Tugenden eines Sportwagens versehen, soll ein Abarth aus der Masse herausstechen.
Nun hat das Elektrozeitalter auch Abarth erfasst. Mit dem 600e, der in Kooperation mit der Motorsportabteilung von Stellantis auf einem Formel-E-Prüfstand entwickelt wurde, rollt der neue Markenkönig zu den Händlern. Als «Turismo» mit 175 kW (240 PS) oder als «Scorpionissima» mit 207 kW (280 PS).
Wie seine Vorgänger übt sich auch der 4,19 Meter kurze Abarth 600e nicht in Zurückhaltung. Die breite Spur, 20-Zoll-Felgen, spezielle Stossfänger und der grosse Heckspoiler prägen sein Erscheinungsbild. Ergänzt durch knallige Farben und die Skorpion-Embleme aussen wie innen. Dazu passt das Innenleben, auch wenn es nicht ganz so extrovertiert ausfällt.
Nebst Displays aus dem Stellantis-Konzernregal gibt es bequeme Schalensitze, gelbe Ziernähte und ein perfekt in den Händen liegendes Alcantara-Lenkrad. Den kompakten Aussenmassen geschuldet, sind die Platzverhältnisse im Fond allerdings limitiert. Das Kofferraumvolumen ist mit 360 Litern hingegen sehr ordentlich. Aber mal ganz ehrlich: Wer will im Abarth 600e schon hinten sitzen oder ihn als Familien- oder Warentransporter missbrauchen?
Wir durften die Topversion mit 280 PS auf der Teststrecke in Lignières NE ausgiebig testen und ihre Grenzen ausloten. Die Kraftentfaltung ist beeindruckend: In nur 5,8 Sekunden katapultiert sich die frontgetriebene, knapp 1'700 Kilogramm schwere Wuchtbrumme aus dem Stand auf 100 km/h. Der 40 PS schwächere «Turismo» benötigt vier Zehntelsekunden mehr.
Das Torsen-Sperrdifferential sorgt für eine ausgezeichnete Traktion und Agilität, was sich gerade in schnell gefahrenen Kurven oder im Slalom zeigt. Auch die Verzögerung ist einwandfrei. Dazu bietet der Abarth 600e eine hohe Lenkpräzision, viel Stabilität und einen ansprechenden Fahrkomfort.
Wenn man nach der Nadel im Heuhaufen sucht, dann findet man sie am ehesten bei der 54-kWh-Batterie (netto 51 kWh). Bereits bei Normalfahrten saugt der Abarth rund 18 kWh/100 km aus den Akkus. Die vom Hersteller angepriesene WLTP-Reichweite von 321 Kilometern dürfte in der Realität selbst bei idealen Rahmenbedingungen kaum realisierbar sein.
Deshalb wird man sich öfters mal an eine Ladestation begeben müssen. Immerhin soll der Akku an einer DC-Station mit bis zu 100 kW laden und so in 27 Minuten von 20 auf 80 Prozent kommen.
Die Einstiegsversion «Turismo» startet bei CHF 46'900.- und ist bereits sehr umfangreich ausgestattet. Wer mehr Leistung will, muss für die auf 1'949 Exemplare limitierte «Scorpionissima Edition» zusätzliche CHF 5'000.- aufwenden. Der Fiat/Abarth-Importeur Astara Switzerland hat allerdings angekündigt, mit dem Werk über eine Preissenkung von rund zehn Prozent für den hiesigen Markt zu verhandeln.
Der Abarth 600e lebt von emotionalen Tugenden. Gleichzeitig überzeugt er mit Leistung und Fahragilität. Er wird sicher dem einen oder anderen Fan der Skorpion-Marke den Umstieg zur Elektromobilität erleichtern. Allerdings bewegt sich die italienische Wuchtbrumme preislich in einem Segment, in dem die Konkurrenz gross ist.
Text / Bilder Markus Rutishauser