Ab dem 1. März 2025 dürfen Fahrer zugelassener Autobahnpiloten das System nutzen, ohne die Hände am Lenkrad zu haben. Unter bestimmten Bedingungen wird auch fahrerloser Verkehr erlaubt sein. Um Klarheit zu schaffen, was dann möglich ist, haben wir Lorenzo Cascioni befragt. Er ist Vizedirektor des ASTRA und leitet die Abteilung im Strassenverkehr.
Lorenzo Cascioni: Schon 2017 wurden mehrere parlamentarische Vorstösse eingereicht. Sie forderten die Zulassung des automatisierten Fahrens in der Schweiz, um dessen Potenzial für mehr Verkehrssicherheit und bessere Nutzung der bestehenden Strasseninfrastruktur zu nutzen.
Das Parlament änderte daraufhin das Bundesgesetz über den Strassenverkehr (SVG) und übertrug dem Bundesrat die Kompetenz, bestimmte Fälle des automatisierten Fahrens zu regeln. Der Bundesrat nutzte diese Kompetenz und erliess die neue Verordnung über das automatisierte Fahren. Sie tritt am 1. März 2025 in Kraft.
Das ASTRA hilft den Kantonen bei ihren neuen Aufgaben. Dazu gehört etwa die Bewilligung von Strassenabschnitten für fahrerlose Fahrzeuge und von Parkplätzen, auf denen Fahrzeuge autonom parken dürfen. Zudem erlässt das ASTRA Weisungen und richtet Beratungsgruppen ein, an die man sich bei Bedarf wenden kann. Es prüft auch, ob selbstfahrende Fahrzeuge alle Zulassungsstandards erfüllen.
Sobald das System aktiviert ist, darf der Fahrer die Hände vom Lenkrad nehmen, muss aber jederzeit eingreifen können, wenn das System dazu auffordert. Er darf also keine Zeitschrift lesen oder Filme auf dem Handy schauen. Diese Funktion ist nur in Fahrzeugen mit zugelassenem Autobahnpiloten erlaubt.
Aktuell ist kein solches Fahrzeug zugelassen, und es gibt noch keine Anfragen von Herstellern. Für eine Zulassung muss ein Autobahnpilot in jedem Fall mit der bestehenden Infrastruktur kompatibel sein.
Diese Fahrzeuge sind vor allem für den Transport von Personen oder Gütern konzipiert. Sie dürfen nur auf von den kantonalen Behörden klar festgelegten und genehmigten Strecken fahren und müssen fernüberwacht werden. Jeder Besitzer eines fahrerlosen Fahrzeugs muss einen Operator bereitstellen, der bei Bedarf eingreifen kann. Dieser kann sich in einer Fernzentrale befinden und muss handeln, wenn das Fahrzeug seine technischen Grenzen erreicht.
Das Fahrzeug darf ein vom Operator vorgeschlagenes Manöver nur ausführen, wenn die Verkehrssicherheit nicht gefährdet wird. Falls nötig, muss der Operator auch über ein eingebautes Kommunikationssystem Kontakt zu den Fahrgästen aufnehmen.
Im Zulassungsverfahren wird geprüft, ob die Vorschriften der UNO oder der EU eingehalten werden. Nach der Typgenehmigung müssen Hersteller und das ASTRA die automatisch gesteuerten Fahrzeuge laufend auf Konformität und Sicherheit überwachen. So ist die Sicherheit von Beginn an gewährleistet.
Mittelfristig bieten diese Fahrzeuge grosses Potenzial für die Verkehrssicherheit. Man muss sich bewusst sein: 9 von 10 Unfällen entstehen durch menschliches Versagen.
In der Schweiz müssen alle Fahrzeuge haftpflichtversichert sein, um Personen- und Sachschäden von Unfallopfern abzudecken. Daran ändert das automatisierte Fahren nichts. Die Fahrzeuge bleiben wie bisher versichert, und das Unfallopfer kann direkt den Versicherer belangen. Die Versicherung kann wie gewohnt Regress nehmen.
Ist der Fahrer eines automatisierten Fahrzeugs für den Unfall verantwortlich, kann die Versicherung gegen ihn vorgehen. Liegt die Ursache hingegen in einem Fehler des Fahrsystems, kann die Versicherung den Hersteller in Regress nehmen.
Auf zugelassenen Parkplätzen und in Parkhäusern kann das Fahrzeug abgestellt werden und parkt dann selbstständig ein. Solche Parkflächen werden von den kantonalen Behörden genehmigt und erfüllen die technischen Standards für automatisierte Parkraumbewirtschaftung. Das System spart Zeit bei der Parkplatzsuche und erleichtert das Manövrieren in vollen Parkhäusern.
Ab dem 1. März 2025 wird es in der Schweiz möglich sein, Fahrzeuge mit Autobahnpilot zu fahren. Wie im Interview mit Lorenzo Cascioni erwähnt, ist derzeit aber noch kein Fahrzeug dafür zugelassen. In Deutschland hat neben Mercedes-Benz auch BMW eine Zulassung für autonomes Fahren der Stufe 3 erhalten.
Anders als in der Schweiz darf sich der Fahrer dort bei aktivierter Funktion anderen Tätigkeiten widmen – das ist nur auf Autobahnen und bis 60 km/h erlaubt. Im Falle eines Unfalls haftet der Hersteller. Das ist ein echter Paradigmenwechsel. Wir haben deshalb dem Sprecher der BMW Group für autonomes Fahren Fragen zu den geplanten Neuerungen in der Schweiz gestellt.
Verfügt BMW bereits über ein Fahrzeug, dass für diesen Einsatz zugelassen werden könnte?
Mit der Kombination aus Driving Assistant Plus (Stufe 2) und Personal Pilot (Stufe 3) ist BMW der erste Hersteller, der die Vorteile einer „freihändigen“ Stufe-2-Funktion und einer Stufe-3-Funktion im BMW 7er vereint. Damit bieten wir das beste Funktionsangebot der Branche.
Wir arbeiten zudem kontinuierlich daran, unsere halb- und vollautomatisierten Fahrfunktionen zu verbessern und die Verfügbarkeit des Autobahnassistenten in Europa mit der kommenden BMW „Neue Klasse“ zu erweitern.
Steht BMW bereits in Kontakt mit den Schweizer Behörden, um eine Zulassung zu erhalten oder zu beantragen? Wenn ja, wann können wir damit rechnen, dass ein BMW mit dieser Funktion in der Schweiz verkauft wird?
Wir beobachten die Märkte genau und möchten unseren Kunden den bestmöglichen Mehrwert bieten. Die Schweiz ist ein wichtiger Markt für BMW.
Aktuell arbeiten wir an Angeboten für Level-3-Fahrassistenzsysteme in verschiedenen Märkten, je nach Anforderungen und Zulassungsbedingungen. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir jedoch noch keine weiteren Details nennen.
Ist die Zulassung auch für bereits auf dem Markt befindliche Fahrzeuge mit fortschrittlichen ADAS-Systemen (z. B. mit Driving Assistant Plus) möglich? Wenn ja, kann der Besitzer eines aktuellen Modells die Vorteile nutzen, indem er beispielsweise sein Fahrzeug oder die Software aktualisiert?
Die Nachrüstung einer Funktion der Stufe 3 ist bei einem Fahrzeug, das nicht von Haus aus damit ausgestattet ist, nicht möglich.
Grund dafür sind zusätzliche Hardwarekomponenten wie Radar, Sensoren und Verkabelung. Ein reines Software-Update ist daher nicht möglich.
Text Nicola Mazzi / Bilder zVg