Sind Veganer die besseren Autofahrer?

Autoversicherungen bitten Ausländer teils kräftig zur Kasse. So bezahlen etwa Staatsangehörige aus Albanien, Kosovo, Serbien und der Türkei durchschnittlich bis zu 61 Prozent mehr als Schweizer Autofahrer. Je nach Versicherer werden die Prämienzuschläge gar noch extremer. Das zeigte eine Analyse des Schweizer Vergleichportals comparis.ch.

Versicherer rechtfertigen die Prämiendifferenzen mit dem Bedarf nach einer adäquaten Risikokalkulation. Heisst konkret: Gewisse Ausländer-Gruppen verursachen statistisch mehr Unfälle und müssen deshalb höhere Prämien bezahlen.

Das klingt fürs Erste plausibel. Doch eine genauere Betrachtung wirft Fragen auf. Sagt die Staatsangehörigkeit wirklich etwas über die Fahrfähigkeiten aus? Hätte der Pass wirklich einen Einfluss, müsste ein aus Albanien stammender Autofahrer nach der Einbürgerung in die Schweiz ja plötzlich viel besser Autofahren als zuvor.

Fehlende Kausalität

Die Nationalität als einer von verschiedenen Gradmessern für die Prämienberechung zu verwenden, haftet somit eine Portion Willkür an. Zugespitzt formuliert könnte man dann genauso gut auch die kulinarischen Vorlieben eines Autofahrers, wie etwa eine vegane Ernährung, in die Risikokalkulation einbeziehen.

Dass für die Risikoberechnung gewisse Kriterien herangezogen werden müssen, ist klar. Ob die Staatsangehörigkeit noch zeitgemäss ist, darüber lässt sich streiten. Denn wie bei einer veganen Ernährung fehlt auch beim Pass die Kausalität zum Fahrverhalten.

Dass es auch anders geht, zeigen unsere nördlichen Nachbarn. In Deutschland ist eine Tarifierung aufgrund der Nationalität schon seit längerem verboten. Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Benachteiligungen aus Gründen wie etwa der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft.

Neue Lösungen gefragt

Ist es also nicht auch für hiesige Unternehmen an der Zeit, auf eine Gruppierung, um nicht zu sagen Diskriminierung, aufgrund der Nationionalität zu verzichten? Anstelle möglicher Verboten könnte auch die Digitalisierung für mehr gerechtere Prämien sorgen. Versicherer bringen vermehrt sogenannte Usage-Based-Insurances (UBI) Lösungen auf den Markt. Bei solchen Modellen beeinflusst die individuelle Fahrzeugnutzung und/oder das Fahrverhalten die Prämienhöhe. Je nach Anbieter resultiert am Ende eine tiefere Prämie, ein Cashback oder ein Rabatt auf die nächste Prämienrechnung. Mit solchen und anderen Mitteln liesse sich die Risikokalkulation genauer und somit fairer abbilden als über die Staatsangehörigkeit. Allerdings sind solche Modelle nicht jedermanns Sache. Denn mit der Datenlieferung an den Versicherer steigt auch die Überwachung.

Text: Andrea Auer
Bilder: zVg

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