Von der Sicherheit über das Energiemanagement bis hin zur individuellen Gestaltung des Fahrerlebnisses hält KI in allen Bereichen moderner Fahrzeuge Einzug. Einerseits eröffnet sie neue Möglichkeiten in Bezug auf Komfort, Effizienz und Automatisierung. Andererseits wirft sie Fragen hinsichtlich Zuverlässigkeit, Datenschutz und der Geschwindigkeit aktueller Veränderungen auf.
Heute sind viele Autos mit fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen (ADAS) ausgestattet – etwa mit adaptiver Geschwindigkeitsregelung, Spurhalteassistent und automatischer Notbremsung. Künstliche Intelligenz ermöglicht ausserdem vorausschauendes Energiemanagement, intelligente Spracherkennung und eine verbesserte Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Sie dringt bis ins Herzstück von Infotainmentsystemen und selbstfahrenden Fahrzeugen vor.
Um besser zu verstehen, wie KI in der Branche Gestalt annimmt, haben wir den Ansatz von drei europäischen Akteuren näher beleuchtet: Volkswagen, Renault und Mercedes-Benz.
Die neuen Volkswagen-Modelle sind mit einem fortschrittlichen Infotainmentsystem ausgestattet, dass die künstliche Intelligenz von ChatGPT integriert. Diese Funktion ist in den Elektrofahrzeugen der ID-Reihe sowie in den neuesten Versionen von Golf, Tiguan, Tayron und Passat verfügbar.
Der Sprachassistent namens IDA kann durch das Aussprechen von „Hallo IDA“ oder durch Drücken der entsprechenden Taste am Lenkrad aktiviert werden. Wenn das Volkswagen-System eine Anfrage nicht beantworten kann, wird diese anonym an ChatGPT weitergeleitet. Die Antwort erfolgt dann über die Standardstimme des Fahrzeugs.
Für die Nutzung von ChatGPT ist kein zusätzliches Konto erforderlich. Wer über ein „VW Connect“- oder „VW Connect Plus“-Profil verfügt, kann ohne weitere Konfigurationen direkt auf den Dienst zugreifen. Zur Wahrung der Privatsphäre werden die Interaktionen nicht gespeichert. Der Sprachassistent lässt sich in den Einstellungen des Infotainmentsystems oder über die Volkswagen App deaktivieren.
Die Integration dieser Technologie wurde in Zusammenarbeit mit Cerence Inc. realisiert – einem Unternehmen, dass sich auf künstliche Intelligenz für die Automobilbranche spezialisiert hat. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Technologie, die dem Assistenten ermöglicht, eine Vielzahl von Fragen zu beantworten und Unterstützung in verschiedenen Sprachen anzubieten.
Die Renault-Gruppe hat begonnen, KI entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu integrieren- vom Design bis zur Logistik. Ziel ist es, Abläufe zu optimieren und die Umweltbelastung zu reduzieren.
Innerhalb des Unternehmens wird KI eingesetzt, um Prozesse zu beschleunigen, die Produktqualität zu verbessern und Dienstleistungen zu optimieren. Neue Technologien tragen ausserdem zur Entwicklung sicherer und personalisierter Fahrsysteme bei.
„KI ist innerhalb der Gruppe bereits Alltag entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Sie hilft uns, Prozesse zu optimieren und an Flexibilität, Schnelligkeit und Vorausschau zu gewinnen. Mehr als nur eine Summe von Anwendungsfällen ist es unser Ziel, durch die vollständige Digitalisierung des Unternehmens der erste Automobilhersteller zu werden, der das gesamte Potenzial der KI ausschöpft und zu einer tragenden Säule unseres Geschäfts macht“, erklärte Luca de Meo, CEO der Renault-Gruppe.
Zur Koordination wurde das Programm AI@Scale ins Leben gerufen. Ein Expertenteam wurde damit beauftragt, gross angelegte KI-Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.
Der Einsatz von KI in der Industrie befindet sich noch in der Entwicklungsphase. Renault investiert weiterhin unter der wissenschaftlichen Leitung von Luc Julia in Forschung und Entwicklung, um neue Möglichkeiten zu erkunden und bestehende Technologien zu verbessern.
Roland Schell, CEO von Mercedes-Benz Schweiz AG, äussert sich dazu wie folgt:
„Mit dem neuen Mercedes-Benz Operating System (MB.OS) und der neuesten Entwicklung unseres Multimediasystems machen wir einen weiteren Schritt in Richtung Integration künstlicher Intelligenz in Fahrzeuge. Zum ersten Mal kombiniert ein Infotainmentsystem die KI-Technologien von Microsoft und Google. So entsteht eine intelligentere, reaktionsschnellere und personalisierte digitale Umgebung.
Diese Innovation ermöglicht eine natürlichere Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug und verwandelt es in einen Assistenten, der die Bedürfnisse des Nutzers versteht und vorhersieht. Dank der Zusammenarbeit verschiedener KI-Agenten ist das Auto in der Lage, Stimmungen zu erkennen, kontextbezogen auf Fragen zu antworten, Termine zu organisieren und sogar kreative Vorschläge zu machen.“
Mit anderen Worten: Die KI wird vollständig ins Fahrzeug integriert und wird so zu einer Art Copilot.
„Unser Ziel ist es, ein immer intuitiveres Fahrerlebnis zu bieten. Die Technologie soll nicht nur unterstützen, sondern ein echter Reisebegleiter sein. Diese Innovation feierte ihr Debüt im neuen Mercedes-Benz CLA – einem Modell, das die Entwicklung künstlicher Intelligenz im Automobilbereich verkörpert. Mit MB.OS zeigen wir, dass die Zukunft der Mobilität vernetzter, personalisierter und auf das Wohlbefinden des Fahrers ausgerichtet ist.“
Text Nicola Mazzi / Bilder zVg