Verkehrspolitik

Mobilität der Zukunft nach staatlichen Regeln?

Die Menschen werden immer mobiler und deshalb steigt das Verkehrswachstum auf Strasse und Schiene weiter an. Dass der Bund in seinen Verkehrsperspektiven 2040 das Verkehrswachstum aber zum grössten Teil im Bereich des öffentlichen Verkehrs ausmacht, erstaunt.

In seiner Studie zu den Verkehrsperspektiven 2040, welche das Bundesamt für Raumentwicklung ARE im August 2016 zusammen mit dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK veröffentlich hat, wurde die Entwicklung des Personen- und Güterverkehrs bis ins Jahr 2040 errechnet. Auftraggeber der Studie sind die folgenden Bundesämter: das Bundesamt für Raumentwicklung ARE, das Bundesamt für Strassen ASTRA, das Bundesamt für Umwelt BAFU, das Bundesamt für Verkehr BAV und das Bundesamt für Energie BFE.

Wie die Grafik des ARE zeigt, kommt die Studie zum Schluss, dass im Bereich des Personenverkehrs der öffentliche Verkehr und der Langsamverkehr einen um ein Vielfaches höheren Zuwachs verzeichnen werden als der motorisierte Individualverkehr.

So ist errechnet worden, dass der öffentliche Verkehr bis 2040 einen Zuwachs von 51 % gegenüber heute verzeichnen wird. Beim Langsamverkehr (LV) sind es 32 %, beim motorisierten Individualverkehr MIV sollen es nur gerade 18% sein. In der Studie wird dieser Umstand so erklärt, dass die Entwicklung des MIV weniger dynamisch sein werde als bisher und dass es Sättigungstendenzen im Motorisierungsgrad sowie eine Verlagerung hin zum ÖV und zum LV gäbe. Aber auch beim Güterverkehr geht die Studie davon aus, dass der Zuwachs mehr in Richtung Schiene gehen wird. Gemäss den Berechnungen soll das Wachstum auf der Schiene (45%) um rund einen Drittel höher sein als auf der Strasse (33 %).

Fokus auf dem Ausbau der Bahninfrastruktur

Schaut man diese Zahlen so an, kann man sich ein Bild davon machen, auf den Ausbau welcher Infrastruktur der Bund zukünftig seinen Fokus setzen wird. Auch wenn ein beachtlicher Teil des öffentlichen Verkehrs auf der Strasse stattfindet, muss man davon ausgehen, dass dem Ausbau der Schieneninfrastruktur Vorrang gegeben wird. Dies wird langfristig dazu führen, dass für den Ausbau des Strassennetzes einerseits die finanziellen Mittel und andererseits der Platz fehlen wird. Das könnte dazu führen, dass uns der Staat zukünftig indirekt vorschreibt, welche Art von Mobilität wir zu nutzen haben.

Wie wird die Finanzierung aussehen?

In Bezug auf die Finanzierung stellt sich die Frage, mit welchem Geld der Ausbau des Schienennetzes finanziert werden würde. Aus dem BIF (Bahninfrastrukturfonds) allein wäre das Ganze nicht finanzierbar.

Schon heute bezahlen wir für den ÖV pro Jahr rund eine Milliarde mehr als für den Individualverkehr (MIV und LV), obschon die Schiene «nur» 16 Prozent des gesamten Personenverkehrs trägt. Die restlichen 84 Prozent werden über die Strasse abgewickelt (75 % MIV, 6% LV, 3 % ÖV Strasse). Es ist zu befürchten, dass über kurz oder lang die Strasse die Schiene zunehmend querfinanzieren müsste. Eine Entwicklung, der man mit der Schaffung des NAV (Nationalstrassen und Agglomerationsfonds) eigentlich entgegentreten wollte. Wir werden also nicht darum herumkommen, uns früher oder später darüber zu unterhalten, für welche Art der Mobilität wir wie viel bezahlen möchten.

Thomas Hurter
Zentralpräsident
Automobil Club der Schweiz

Bild: Alexander Popov
Grafik: Bundesamt für Raumentwicklung ARE
Autor:  Thomas Hurter 

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