Für den Betrieb von Brennstoffzellen-Elektroautos oder als Treibstoff für Verbrennungsmotoren könnte Wasserstoff als Energieträger vor einer grossen Zukunft stehen – auf der Strasse, in der Luft und auf dem Wasser.
Ein Auto mit Wasser anzutreiben, ist ein zwar verlockendes, aber leider illusorisches Vorhaben. Mit Wasserstoff dagegen gelingt ein solches Unterfangen. Der Haken dabei: Der Schritt vom Wasser zum Wasserstoff ist aufwendig und energieintensiv. Ausserdem sind das Betanken und Speichern im Fahrzeug nicht ganz problemlos. Trotz alledem aber wird Wasserstoff für den Antrieb unterschiedlicher Transportmittel der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Grundsätzlich sind drei Hauptrichtungen im Fokus der Energiestrategen: Wasserstoff kann entweder in der Brennstoffzelle Strom für Elektroautos erzeugen oder direkt in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. Ausserdem lassen sich damit synthetische Treibstoffe herstellen, die den CO₂ -neutralen Betrieb von Otto- und Dieselmotoren ermöglichen.
Weil
Wasserstoff (H respektive H₂) in
der
Natur nicht in reiner Form vorkommt,
muss
er aus einem Trägermaterial gelöst
werden
– und dazu ist stets Energie aufzuwenden.
Heute
wird er noch fast ausschliesslich
aus
fossilen Materialien, meistens
Erdgas,
gewonnen. Aus Erdgas (CH4,
Methan)
wird durch Dampfreformierung
«grauer
Wasserstoff», denn dabei entsteht
auch
CO₂. Für den
Einsatz als Treibstoff in
Fahrzeugen,
wo es gilt, den CO₂-Ausstoss
signifikant
zu reduzieren, muss «grüner
Wasserstoff»
hergestellt werden. Das geschieht
vorzugsweise
durch Elektrolyse, indem
Wasser
mit Wind- oder Solarstrom in
Wasserstoff
und Sauerstoff aufgeteilt wird.
Da
der extrem leichte Wasserstoff
gegenüber
konventionellen Treibstoffen
wie
Benzin und Diesel eine sehr hohe gravimetrische,
aber
eine nur niedrige volumetrische
Energiedichte
aufweist, sind
Transport
und Speicherung an Bord eines
Fahrzeugs
mit etwelchen Problemen verbunden.
Heute
wird H₂ meistens
noch auf
der
Strasse transportiert. Gasförmig lassen
sich
in einem LKW rund 500 bis 1000
Kilogramm
H₂ im
Drucktank mitnehmen,
in
flüssiger Form in einem Kryotank (bei
rund
–253°C) rund 4000 Kilogramm. Effizienter
wäre
jedoch der Transport durch
Pipelines.
Davon gibt es zwar in den USA
und
in wenigen europäischen Ländern
bereits
ein kleines Netz. Das muss jedoch
noch
wesentlich erweitert werden – was
viel
Zeit beansprucht und beträchtliche
Kosten verursacht.
Druckgespeicherter Wasserstoff wird in Zukunft auch als Treibstoff für Strassenfahrzeuge dienen. Dies können Nutzfahrzeuge und Personenwagen sein, die mit Brennstoffzellen-Stacks ausgestattet sind und von Elektromotoren angetrieben werden. Neben den Strassenfahrzeugen werden Brennstoffzellensysteme derzeit auch in Schienenfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen erprobt. Ausserdem dürfte dem H₂-betriebenen Verbrennungsmotor eine Renaissance bevorstehen: erst in LKW, später auch in Personenwagen.
Aktuell ist das Modellangebot an Brennstoffzellenfahrzeugen noch marginal. Als Serienfahrzeuge sind nur gerade der Hyundai Nexo und der Toyota Mirai verfügbar, während in Japan und in den USA Honda zusätzlich den Clarity anbietet. Im neuen Hyundai-LKW XCient, der demnächst in der Schweiz auf die Strassen rollt, werden 33 Kilogramm H₂ unter 350 bar gespeichert, so dass mit 350-kW-Elektromotor und zwei 95-kW-Brennstoffzellen rund 400 km Reichweite möglich sein werden.
Ganz neu im Angebot ist der Zweisitzer Gumpert Nathalie, der nicht nur Supersportwagen- Fahrleistungen bieten soll, sondern auch mit einer neuen Art der Wasserstoffspeicherung arbeitet. In Gumperts Sportwagen erzeugt ein zusätzlicher Reformer den Wasserstoff für die Brennstoffzelle aus Methanol. Dieses lässt sich auf konventionelle Art tanken und drucklos an Bord speichern. Wird das Methanol jedoch nicht regenerativ erzeugt, fällt noch eine kleine Menge an fossilem CO₂ an.
Wasserstoff im Verbrennungsmotor wurde schon in den 1990er-Jahren erprobt, beispielsweise von BMW, Ford und Mazda – bei den Japanern sogar im Wankelmotor. Nun wird dies aufgrund der rigorosen CO₂-Zielwerte wieder zum Thema. Auch Zulieferunternehmen sind auf diesem Gebiet aktiv. So hält Stefan Hartung, Geschäftsführer der Bosch, in seinem Referat für das (verschobene) Wiener Motorensymposium fest: «Die erzielbaren Wirkungsgrade des gesamten Antriebsstrangs – Tank to Wheel – liegen im H₂-Verbrenner bei vergleichbaren Werten wie in Brennstoffzellensystemen. » Bei Bosch und beim deutschen Entwicklungsunternehmen Keyou werden derzeit H₂-Verbrennungsmotoren für schwere Nutzfahrzeuge entwickelt. Sie lassen sich von bestehenden Dieselaggregaten ableiten und ermöglichen annähernd CO₂-freien Betrieb. Mit Emissionen von weniger als 1 Gramm CO₂ pro Kilometer gilt ein LKW nach EU-Vorgaben als Zero Emission Heavy Duty Vehicle.
Grösserer
Entwicklungsbedarf besteht
noch
beim H₂-Tankstellennetz.
Derzeit
gibt
es europaweit noch keine 200
Tankstellen
– und nur gerade vier in der
Schweiz.
Mit der demnächst beginnenden
Einführung
einer grösseren Anzahl von
Brennstoffzellen-Lastwagen
dürfte sich
dies
jedoch bald ändern.
Der
Wasserstoff kann gasförmig bei
der
Tankstelle angeliefert und gespeichert
oder
aber dort direkt mittels Elektrolyse
produziert
werden. Schliesslich muss er
auf
einen Betankungsdruck von bis 1000
bar
gebracht werden. Damit verbunden
ist
ein beträchtlicher Energieaufwand für
Kompression und Kühlung.
Text: Stephan Hauri