Reissverschlussprinzip: Zwischen Höflichkeit und Verkehrsbehinderung

Angesichts des immer dichter werdenden Stadtverkehrs und trotz der zahlreichen Kreisel, die den Verkehr bereits verflüssigen, ist es üblich, dass langsam fahrende Autofahrer das Reissverschlussprinzip anwenden. Geht es um Höflichkeit, gute Manieren oder einfach ein uneigennütziges Verhalten mit der Hoffnung, dass man eines Tages ebenso zuvorkommend behandelt wird? Das Strassenverkehrsgesetz schreibt dies zwar nicht vor, aber es wird dringend empfohlen, das Reissverschlussprinzip anzuwenden, um den Verkehrsfluss zu gewährleisten.

Die Bezeichnung für dieses Prinzip ist selbsterklärend: Es geht darum, dass abwechselnd ein Fahrzeug Vorfahrt vor einem anderen hat, welches keine Vorfahrt hätte. Auf diese Weise wird jede Kolonne zwar langsamer, aber nie vollständig blockiert.

Das Reissverschlussprinzip hat den Vorteil, dass es niemanden benachteiligt! Als Autofahrer bin ich immer wieder erstaunt über die falsche Auslegung oder die Unkenntnis der anderen Verkehrsteilnehmer bei der Anwendung dieses Prinzips, z. B. bei einer Verengung der Fahrspuren auf der Autobahn, nach einem Unfall, bei Bauarbeiten oder bei der Einfahrt in einen Tunnel.

Denn wenn der Verkehr dicht ist, sich verlangsamt und die Anzahl der Fahrspuren abnimmt, ist es unerlässlich, dieses Prinzip bis zum Ort des Einspurens anzuwenden. Das bedeutet, dass die linke Spur so weit wie möglich bis zur Verengung genutzt werden muss, wo eben dann das Reissverschlussprinzip angewendet werden soll.

Bei der praktischen Umsetzung stösst das Prinzip auch mit einem entsprechenden Schild immer wieder auf ein Problem. Zu oft stauen sich die Fahrzeuge auf der rechten Spur und lassen die linke Spur ungenutzt und vollkommen leer.

Auf der linken Spur weiterzufahren ist weder unhöflich noch respektlos gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern, im Gegenteil: Durch die Nutzung des verfügbaren Platzes auf der Fahrbahn kann die Länge der Fahrzeugkolonne verringert und eine Kreuzung oder eine Autobahnausfahrt freigemacht werden. Erst kürzlich hat ein tödlicher Zusammenstoss mit einer stehenden Kolonne in den Vue-des-Alpes-Tunneln gezeigt, wie wichtig es ist, den Verkehr so weit wie möglich zu verflüssigen. Und hier sind die Verkehrsteilnehmer selbst gefordert!

Wenn die linke Spur also bis zum Einspuren benutzt werden soll, darf dies nicht auf jede beliebige Weise geschehen. Es ist wichtig, die Geschwindigkeit auf die gleiche oder eine etwas höhere Geschwindigkeit als die der rechten Kolonne zu reduzieren und damit einen geringen Geschwindigkeitsunterschied aufrechtzuerhalten, der ein gutes Einfädeln der Fahrzeuge an der Spitze der Kolonne ermöglicht – dort, wo das Reissverschlussprinzip gilt. Dadurch entstehen sicherere Spurwechselmanöver, und Unfälle werden vermieden.

Leider verkennen viele Autofahrer dieses Prinzip, das in Deutschland, Belgien und Österreich sogar obligatorisch ist. Es ist nicht selten zu sehen, dass in der rechten Kolonne fahrende Autofahrer den Verkehr auf der linken Spur blockieren, indem sie sich zwischen die beiden Fahrspuren stellen. Dies gilt als ein verkehrsbehinderndes Manöver – und ist sogar ein Straftatbestand.

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