Automobil: Licht gewinnt zunehmend an Bedeutung

Beleuchtungssysteme in modernen Autos übernehmen immer mehr Funktionen. LED-­Matrix-Licht wird zum neuen Standard.

Mit moderner Lichttechnik wie hier bei VW kann die Strasse bei Bedarf maximal ausgeleuchtet werden, ohne dass der Gegenverkehr dabei geblendet wird.
Mit moderner Lichttechnik wie hier bei VW kann die Strasse bei Bedarf maximal ausgeleuchtet werden, ohne dass der Gegenverkehr dabei geblendet wird.

Licht ist ein zentrales Thema im Automobilbau. Moderne Autos haben intelligente Lichtsysteme, welche die dunkle Fahrbahn taghell ausleuchten, dabei andere Verkehrsteilnehmer aus dem Lichtkegel ausblenden und sogar vorausschauend agieren, weil sie bereits wissen, ob eine Kurve kommt, eine lange Gerade oder eine Ortschaft.

Die Scheinwerfer sind darüber hinaus ein bedeutendes Gestaltungs-Element: Nicht nur die Form der Lampengläser tragen zum Aussehen moderner Autos bei – dank moderner LED-Technik spricht man heute von einer Lichtsignatur, die die Design-Sprache einer Marke entscheidend prägt. Der Blick in die Zukunft zeigt, dass das Autolicht noch weiter an Bedeutung gewinnen wird: Wenn dereinst die Autos selbstfahrend durch die Innenstädte rauschen, kann das Fahrzeug via Lichtsysteme mit den Fussgängern kommunizieren.

Seit 100 Jahren elektrisch

Wie viele Technologien erleben auch die Lichtsysteme für Autos in den letzten Jahren eine enorme Beschleunigung in der Entwicklung. Zu Beginn der automobilen Geschichte Ende des 19. Jahrhunderts erhellten Kerzen, eingesetzt in Laternen, die Strassen – oder zumindest ein kleines Stück davon. Kurz nach der Jahrhundertwende folgte mit der Karbidlampe der erste grosse Entwicklungsschritt, auch wenn diese Gaslampen ihre Tücken hatten.

1925 brachte Osram mit der Bilux-Lampe eine zweifädige Glühbirne mit kombinierter Fern- und Abblendlichtfunktion auf den Markt, ab da war das Autolicht elektrisch. Deutlich mehr Licht ins Dunkel brachten die ersten Halogen-Birnen, die ab 1962 nach und nach in Autos eingesetzt wurden und die bis heute noch verwendet werden, inzwischen natürlich in einer deutlich moderneren Generation mit wesentlich grösserer Leuchtkraft.

Ein weiterer Meilenstein war das Xenonlicht, das 1991 erstmals im BMW 7er eingesetzt wurde. Diese Gasentladungslampen mit einem leicht bläulichen Licht sorgten allerdings für Diskussionsstoff, weil diese viel hellere Scheinwerfer den Gegenverkehr blendeten. Die Folge war die Einführung intelligenter Lichtsysteme. 2006 brachte Mercedes-Benz mit dem «Intelligent Light System» erstmals ein Scheinwerfersystem mit fünf verschiedenen Lichtfunktionen auf den Markt, das den Gegenverkehr deutlich weniger blenden sollte, und mit der Einführung der LED-Technik ab 2008 konnte das Problem des Blendens ganz gelöst werden.

Das Zauberwort heisst Matrix-Licht: Diese Scheinwerfersysteme, bestehend aus diversen Leuchtdioden, leuchten die Strasse immer voll aus und «schneiden» einzelne Bereiche aus dem Lichtkegel, etwa andere Verkehrs-teilnehmer oder die Strassenränder in Ortschaften.

Die LED-Technik, mit oder ohne Matrix-Funktion, hat sich inzwischen bis ins Kleinwagensegment etabliert. Sie ist vergleichsweise günstig und langlebig, verbraucht wenig Strom und kann als zusätzliches Gestaltungselement genutzt werden. Die Matrix-Systeme werden laufend verfeinert, ihre Software wird intelligenter, die Komponenten dank Skaleneffekten immer günstiger. So wird das LED-Matrix-Licht bald der neue Standard in allen Klassen, während Halogen- und Xenonlicht nach und nach vom Markt verschwinden werden, zumindest in unseren Gefilden.

Bald können Fahrzeuge über die Lichtsignatur auch mit anderen Verkehrsteilnehmern wie beispielsweise Fussgängern kommunizieren.
Bald können Fahrzeuge über die Lichtsignatur auch mit anderen Verkehrsteilnehmern wie beispielsweise Fussgängern kommunizieren.
Modelle von von Audi (Bild), BMW oder Mercedes-Benz können die Fahrspur optisch hervorheben.
Modelle von von Audi (Bild), BMW oder Mercedes-Benz können die Fahrspur optisch hervorheben.

Millionen von Lichtpunkten

Das Thema Licht wird im Automobilbau in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen. Bei selbstfahrenden Autos ist nicht mehr die Ausleuchtung der Strasse entscheidend, dafür umso mehr das Wohlbefinden der Passagiere. Hier werden
noch ausgereiftere Ambient-Beleuchtungen zum Einsatz kommen. Nach aussen kann Licht zur Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern genutzt werden, wie es Blinker bereits seit Jahrzehnten tun. So kann ein autonomes Shuttle an einem Zebrastreifen den Fussgängern anzeigen, ob es sie erkannt hat, ob es anhalten wird und wann es weiterfährt.

Bis dahin arbeiten die Lichtentwickler weiterhin an der Optimierung der Scheinwerfer: Hochpreishersteller bieten in einigen Modellen Laser-Licht an, das den Fernlichtbereich fast verdoppelt. Auch «Digital Light», also Matrix-Scheinwerfer mit einer deutlich verfeinerten Lichtskala, wird inzwischen in mehreren Fahrzeugklassen angeboten. Dieses System nutzt einen Mikrospiegel-Chip mit über einer Million einzeln steuerbaren Lichtpunkten pro Scheinwerfer und kann so präzise Lichtmuster auf die Fahrbahn werfen.

Modelle von Audi, BMW oder Mercedes-Benz können damit die Fahrspur optisch hervorheben, die Position der Räder in den Lichtkegel blenden oder auch Warnhinweise ins Sichtfeld des Fahrers projizieren. Wie das LED-Matrix-Licht wird sich auch dieses Lichtsystem bald in die unteren Preissegmente ausbreiten.

Text Dave Schneider / Bilder Werk

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