Gute Klimabilanz

Ist Caravaning umweltfreundlich? Da gehen die Meinungen weit auseinander. Eine Studie bringt Licht ins Dunkel.

Ist Caravaning umweltfreundlich?

Ein Auto verbraucht deutlich mehr Treibstoff, wenn es einen Wohnwagen ziehen muss. Und Reisemobile sind gross, schwer und haben eine riesige Stirnfläche, die brauchen mindestens zehn Liter Diesel auf 100 Kilometer. Das sagen die einen. Camper dagegen sind sich sicher, dass sie überaus umweltverträglich unterwegs sind. In der Vergangenheit haben zwei Studien aus den Jahren 2007 und 2013 diese Vermutung weitgehend bestätigt.

Wie aber sieht die Öko-Bilanz aus, wenn das grosse Ganze betrachtet wird? Welches Format hat der CO2-Stempel eines Freizeitfahrzeugs von seiner Produktion bis zur Entsorgung? Eine Studie des renommierten Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg (ifeu) bringt Licht ins Dunkel.

Die Forscher haben dabei verglichen: Urlaub im Reisemobil auf Stellplätzen oder Campingplätzen, Ferien mit dem Caravan auf einem Campingplatz, Flug-, Bahn- oder Personenwagenreisen zum Urlaubsziel und Hotelunterkunft sowie Kreuzfahrten auf Passagierschiffen. Neben den Schadstoffemissionen wurde dabei auch der Bedarf an elektrischer Energie berücksichtigt, denn deren Erzeugung verursacht in unterschiedlichen Urlaubsländern unterschiedlich hohe Schadstoff-Emissionen. Drei Reiseziele in verschiedenen Regionen haben die Forscher daher gewählt, die Ostseeinsel Rügen, die französische Mittelmeer-Metropole Marseille und eine Skandinavien-Rundfahrt wurden dem Vergleich zugrunde gelegt.

Strom ist dabei nicht gleich Strom. In der Schweiz sind die CO2-Emissionen mit nur 154 Gramm pro Kilowattstunde (kWh) dank des hohen Anteils an Wasserkraft niedrig, gegenüber einem europäischen Mittelmass von 630 g/kWh. Deutschland liegt bei 571 g/kWh, Frankreich dank des hohen Kernkraft-Anteils bei nur 56 g/kWh und Skandinavien unterbietet dank der nachhaltigen Stromerzeugung den Schweizer Wert mit 102 g/kWh ebenfalls.

Verschiedene Klassen

Um möglichst exakte Ergebnisse zu erhalten, wurde in der Studie die Freizeitfahrzeuge in verschiedene Klassen aufgeteilt. Eine stellt der Caravan mit 1,8 Tonnen zulässiger Gesamtmasse hinter einem durchschnittlichen Diesel-Personenwagen mit 150 PS Leistung dar, es folgt der Kastenwagen bis 3,5 Tonnen, ein gleichschwerer Teilintegrierter und ein vollintegriertes Reisemobil mit 4,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse. Der Wärme- und Strombedarf bei der Herstellung wurde ebenfalls berücksichtigt, er liegt bei 739,5 und 491 kWh.

Da die Wärme bei vielen Herstellern aus Holzhackschnitzeln als Produktionsabfall erzeugt wird, spielte dieser Posten bei den Berechnungen nur eine geringe Rolle. Interessant ist auch die Betrachtung der Herstellungs- und Entsorgungskosten der Fahrzeuge. 10,0 Tonnen CO2-Äquivalent verursacht dabei ein mittelgrosser Personenwagen mit Dieselmotor. Bei Reisemobilen liegen diese Emissionen bei 15,2 bis 18,6 Tonnen, auch hier markieren die Kastenwagen das untere und die Integrierten den oberen Wert. Der Wohnwagen schlägt mit 5,6 Tonnen zu Buche, benötigt allerdings für die Reise ein Zugfahrzeug.

Verbrauchsgünstige Kastenwagen

Grosse Bedeutung kommt dem Verbrauch der Freizeitfahrzeuge zu. Kastenwagen konsumieren bei 120 km/h auf der Autobahn durchschnittlich 11,2 l/100 km. 12,3 Liter sind es innerorts und 9,3 Liter ausserorts. Bei teilintegrierten Mobilen liegen diese Werte bei 12, 13,5 und 10,2 Liter. Vollintegrierte verbrauchen aufgrund des für sie geltenden Tempolimits von 80 km/h nur 9,7 l/100 km auf der Autobahn, 14,4 Liter im städtischen Verkehr und 10,1 Liter ausserorts. Für ein Caravan-Gespann ergeben sich bei einer maximalen Reisegeschwindigkeit von 100 km/h 11,2, 14 und 10,9 Liter Verbrauch.

Ist Caravaning umweltfreundlich?

Klimatische Einflüsse

Weitere Parameter zur Beurteilung der Umweltverträglichkeit der Freizeitfahrzeuge ergeben sich aus der Klimatisierung der Wohnräume beim Übernachten sowie der Bedarf an elektrischer Energie. Diese Verbrauchswerte variieren abhängig vom Reiseziel, während in Marseille im Sommer nicht geheizt werden muss, fliesst eine erhebliche Menge an Strom in die Klimatisierung. Anders fällt die Bilanz auf Rügen oder in Oslo aus, wo das Gros der Energie für die Heizung aufgewendet wird.

Reisemobile liegen bei einer Besetzung mit zwei Personen nach den Ergebnissen der Studie mit einer Emission von 181 bis 198 g CO2 je Personenkilometer deutlich unter dem Wert eines durchschnittlichen innereuropäischen Fluges (213 g CO2). Ist eine vierköpfige Familie an Bord, wird der Unterschied nochmals grösser. Reisen zwei Urlauber mit dem Personenwagen zum Urlaubsziel, verursachen sie 125 g CO2 je Personenkilometer, Fernbus und Bahn sind mit 31 g CO2 im Durchschnitt wesentlich umweltgünstiger.

Hotels mit schlechterer Energiebilanz

Durch die ungünstige Energiebilanz des Hotelurlaubs verschiebt sich das Bild am Ende jedoch deutlich zugunsten des Reisemobils und des Caravans. Selbst wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Urlaubsort reist, verursacht bei der als Beispiel ausgewerteten Rügen-Reise 742 Kilogramm CO2-Emissionen. Wer mit einem teilintegrierten Mobil auf einem Stellplatz übernachtet, sorgt für um elf Kilogramm geringere Emissionen. Kastenwagen schneiden hier nochmals günstiger ab. Nur jene Urlauber, die mit der Bahn zu einem Campingplatz fahren, können diese Marke mit 251 Kilogramm unterbieten.

Fazit

Je kürzer die An- und Abreise ausfällt und je länger die Aufenthaltsdauer ist, umso umweltverträglicher steht also das Caravaning da. Klar aufgezeigt hat die Studie, dass bei einer Hotelübernachtung je Person bis zu zehnmal mehr CO2-Emissionen entstehen. Und dass Flugreisen oder gar Kreuzfahrten mit Abstand die schlechtesten Energiebilanzen aufweisen. Bei einer rund 3350 Kilometer langen Skandinavien-Rundreise verursachen zwei Camper mit ihrem Wohnmobil etwa 1300 Kilogramm CO2. Würde das Paar die nahezu identischen Orte auf einem Kreuzfahrtschiff der oberen Kategorie anlaufen, käme es auf 2769 Kilogramm. Die Studie zeigt: Caravaning ist weitaus umweltfreundlicher als sein Ruf!

Text: Markus Rutishauser und Michael Kirchberger
Bilder: zVg

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