Alle reden von Elektromobilität – klar, auch Renault. Seit diesem Jahr schicken die Franzosen mit R5 und R4 gleich zwei neue Strom-Ikonen ins Rennen. Und doch hätte wohl kaum jemand damit gerechnet, dass ausgerechnet der Clio noch einmal eine ganz neue Zukunftschance bekommt – und zwar nicht als reine Retro-Elektrospielerei, sondern als klassischer Kleinwagen mit modernem Antrieb. Die sechste Generation rollt im kommenden Januar mit einem Dreizylinder-Benziner und einem effizienten Vollhybriden zu den Händlern – ziemlich bodenständig in einer Zeit, in der jeder fast ausschliesslich nur in Kilowatt denkt.
Fakt ist: Der Renault Clio zählt zum Bestseller von Renault und hat sich in den 35 Jahren weltweit rund 17 Millionen Mal verkauft. Somit ist der Stadtflitzer das bislang erfolgreichste französische Auto überhaupt. Darum hält Renault an seinem Publikumsliebling fest und will mit der Neuauflage frischen Schwung ins Kleinwagensegment bringen.
Erfreulich auch: Der Clio wird trotz Modellwechsel
nicht teurer. Zum Marktstart Anfang 2026 liegt der Basispreis für den 114 PS
(84 kW) starken Einstiegsbenziner bei CHF 19'900.-. Damit bewegt er sich auf
dem Niveau des Vorgängers, bietet aber deutlich mehr Leistung und eine
umfangreichere Serienausstattung. Aber auch optisch hat sich eine Menge
verändert, denn der Clio duckt sich rund zwei Zentimeter flacher als der
Vorgänger, hinzu kommt eine coupéhaft geschwungene Dachlinie, die ihm einen
dynamischeren Auftritt verleiht.
Gleiches gilt für die neugestaltete Frontpartie, die um paar Zentimeter
verlängert wurde und schlanke Scheinwerfer erhielt. Wesentlich üppiger
dimensioniert erweist sich der Kühlergrill. In diesem befinden sich kleine
Renault-Logos, während das angewinkelte Tagfahrlicht – ebenfalls im
Rhomben-Look – den dynamischen Auftritt weiter unterstreicht. Jeder soll schon
von weitem sehen: Hey, hier kommt ein neuer Renault! Das Heck mit seinen
ausgestanzten Rückleuchten und dem Wechselspiel aus konvexen und konkaven
Flächen wirkt dagegen auf den Betrachter noch etwas gewöhnungsbedürftig und
erinnert uns ein wenig an Alfa Romeo. Zufall? Geschenkt!
Der Clio ist und
bleibt ein Fünftürer und ist im Vergleich zu seinem Vorgänger mit einer Länge
von 4,12 Metern nur leicht gewachsen. Dagegen wurde die Spur um 40 Millimeter
verbreitert und der Radstand um acht Millimeter auf insgesamt 2,60 Meter
gestreckt. Somit bleibt er weiterhin schön kompakt und mit einem Wendekreis von
10,4 Metern handlich in der Stadt.
Im Innenraum des Clio kommen digitale Kombiinstrumente zum Einsatz, die bereits aus den elektrischen Modellen Renault 4 und 5 bekannt sind. Der Bildschirm des Open-R-Link-Multimediasystems ist zum Fahrer hin ausgerichtet. Die Bedienung ist einfach und selbsterklärend. Das System verfügt über eine Google-Integration, beispielsweise für die Navigationsfunktionen, die ab der zweiten Ausstattungsstufe Techno serienmässig sind. Bei der Basisversion Evolution erfolgt die Routennavigation am Touchscreen hingegen über das eigene Smartphone mittels Mirror Screen.
Der Clio bietet zahlreiche Ablagemöglichkeiten, darunter auch eine Box auf der Mittelkonsole, deren Inhalt durch einen faltbaren Deckel, ähnlich einer i-Pad-Hülle, vor fremden Blicken geschützt wird. Die neuen Sitze erweisen sich als bequem, auch das Platzangebot vorne ist ordentlich. Hinten wird es für Personen über 1,85 Meter dagegen eng. Die gefahrene Topausstattung Esprit Alpine vermittelt mit reichlich Alcantara am Cockpit sowie den Polstern einen hochwertigen Eindruck. Zusätzlich sind bis zu 29 Fahrassistenzsysteme verfügbar, von denen einige serienmässig und andere optional sind.
Während den ersten Runden mit dem neuen Renault Clio Vollhybrid schwirrt unserem Testfahrer unaufhörlich eine Frage im Kopf herum: Was würde eigentlich Asterix, der legendäre gallische Held aus dem gleichnamigen Comic, wohl zu diesem französischen Kleinwagen sagen? Vielleicht würde er mit einem breiten Grinsen unter seinem geflügelten Helm ausrufen: „Beim Teutates! Dieser Wagen fährt fast nur mit ein paar Elektro-Pferden und braucht kaum einen Tropfen Zaubertrank! Trotzdem zischt er schneller los als Obelix ein Wildschwein verputzen kann!“
Doch bevor die Römer wieder einmal versuchen ganz Gallien zu besetzen müssen wir natürlich eines klarstellen: Zaubertrank, das geheimnisvolle Elixier aus dem gallischen Dorf, ist es dann doch nicht, sondern nur gewöhnliches Superbenzin. Der angegebene Durchschnittsverbrauch von 3,9 Litern Super laut der WLTP-Norm für den Clio Full Hybrid E-Tech 160 ist aber schon mal nicht schlecht. Zumindest in der Theorie, denn bei unserer Fahrt durch die hügelige Landschaft in Portugal pendelte sich der Bordcomputer auf 4,7 Liter ein – immer noch ein genügsamer Wert.
Für die sechste Neuauflage wurde der bekannte Vollhybrid überarbeitet.
Ein neuer 1,8-Liter-Vierzylinder ersetzt den alten 1,6-Liter-Benziner des
Vorgängermodells. Die Kombination aus einem Direkteinspritzer, der im
Atkinson-Zyklus arbeitet, und einem 36 kW (49 PS) starken Elektromotor stammt
aus dem Captur und Symbioz. Daher stieg auch im Clio die Systemleistung von 143
PS auf jetzt 158 PS. Gleichzeitig wurde das Drehmoment um 22 Newtonmeter auf
172 Nm erhöht, was besonders im unteren Drehzahlbereich für eine spürbar
agilere Kraftentfaltung sorgt.
Eine zweite E-Maschine dient zur Stromerzeugung als Generator. Die produzierte
Energie wird in einer um 0,2 kWh auf 1,4 kWh vergrösserten
Lithiumionen-Batterie im Heck gespeichert. Daher fällt das Kofferraumvolumen im
Vergleich zum Dreizylinder-Benziner etwas geringer aus. Während das
Gepäckabteil des Benziners TCe 115 zwischen 391 Liter und 1'176 Liter fasst,
liegt das Stauvolumen des E-Tech-Hybriden bei 309 bis 1'094 Litern. Auf einen
doppelten Ladeboden verzichtet der Clio, weil die Nachfrage der Kunden beim
Vorgängermodell zu gering war.
Der Hybrid bietet in Kombination mit dem intelligenten Multi-Mode-Getriebe
flotte Fahrleistungen. Den Sprint von null auf 100 km/h absolviert der Clio in
8,3 Sekunden und damit eine Sekunde schneller als die Vorgängergeneration. Bei
hohen Drehzahlen ist der Benziner deutlich hörbar und wirkt angestrengt laut,
doch ansonsten geht es im Clio recht leise zu. Zumal er in der Stadt und im
Teillastbetrieb auch bis zu 80 Prozent rein elektrisch stromern kann.
Als angenehm erweist sich auch die neue Smart-Mode-Funktion. Sobald das
Fahrprogramm am Lenkrad aktiviert wird, analysiert eine Software das aktuelle
Fahrerprofil, wählt automatisch den passenden Fahrmodus aus und wechselt je
nach Fahrbedingungen zwischen den einzelnen Programmen. Das straffe Fahrwerk
vermittelt viel Fahrspass, wobei der Komfort auf derben Stössen spürbar
darunter leidet.
Insgesamt aber hinterlässt der Clio Full Hybrid E-Tech 160 einen ausgewogenen
Eindruck, auch wenn der Preis von CHF 26'500.- nicht günstig ist. Die
gefahrene und sehr gediegen wirkende Topversion Esprit Alpine beginnt sogar
erst ab CHF 29'900.-.
Text red/aum / Bilder Werk